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Wie lerne ich erfolgreich für eine Prüfung?
3. Und NICHT täglich grüßt das Murmeltier – Wie lerne ich effektiv mit Distributed Practice?
Lesezeit: 8 min.
Autorin: Vivian Schmiedecke
In diesem Artikel liest du…
… dass ich langfristig auf eine Prüfung „hintrainiere“.
… was hinter Massed und Distributed Practice steckt und weshalb Letzteres zu empfehlen ist.
… wann und wie du diese Methode mithilfe von Lernplänen und Anki-Karten am besten praktisch umsetzen kannst.
Kennst du es nicht auch? Kurz vor der Prüfung versuchst du dir noch schnell die letzten Fakten, die irgendwie nicht hängenbleiben wollen, in den Kopf zu hämmern. Du sprichst die Worte immer wieder vor dich hin und liest dir immer wieder die Passagen in deinen Notizen durch. In der Klausur schnappst du dir deinen Stift und schreibst in Affentempo alles auf, was dir gerade noch einfällt. Im besten Fall ist deine Zensur dann zufriedenstellend. Doch langfristig kannst du dich kaum noch an das Gelernte erinnern. So ist es doch! Stimmt´s oder habe ich recht?
Doch langfristig kannst du dich kaum noch an das Gelernte erinnern.
Nun ja, dieses Paniklernen habe ich zugegebenermaßen auch schon angewandt. Allerdings versuche ich, wenn ich mehr Zeit zum Lernen habe, die Inhalte möglichst ab und an zu wiederholen, um eine Art Langzeitwirkung zu erzielen.
Auch hier ist die Sport-Metapher wieder treffend. Sollte ich die Nacht vor dem großen Tag mit dem Üben anfangen und die 5km-Strecke immer und immer wieder laufen, werde ich wahrscheinlich irgendwann aufgeben und mich mit Netflix auf die Couch setzen. Obendrein werde ich höchstwahrscheinlich am nächsten Tag einen ausgeprägten Muskelkater haben. Es hat schon seinen Sinn, wenn Läufer:innen mit Pausen über eine Zeit von mehreren Wochen auf den großen Tag hintrainieren…
Diese Sinnhaftigkeit zeigt sich auch in der Lernforschung, wenn es um die Methode Distributed Practice geht, welche ich dir im Folgenden gern näher vorstellen möchte.
Distributed Practice vs. ihre böse Stiefschwester Massed Practice
Distributed Practice bedeutet so viel wie “verteiltes Üben“. Es ist das genaue Gegenteil von Massed Practice, was man gut und gern als „Einhämmern“ übersetzen kann. Der Unterschied besteht in den Zeitpunkten des Wiederholens eines Themengebietes.
Während du bei Massed Practice immer wieder Thema A lernen würdest, bis du es dir endlich gemerkt hast, um dann zu Thema B überzugehen und dort und bei allen weiteren dasselbe zu tun, würdest du bei Distributed Practice eher jedes Thema einmal lernen und dann wieder von vorn beginnen. Das heißt also, dass bei dieser Lernmethode die Zeit zwischen den Wiederholungen mit anderen Inhalten gefüllt ist.
Die Forschung zeigt, dass Distributed Practice eindeutig gegenüber Massed Practice zu bevorzugen ist. Zum einen kannst du damit dem berühmt-berüchtigten Bulimie- und Scheinlernen aus dem Weg gehen. Bei dieser kurzfristigen Lernform wiederholst du in kurzer Zeit sehr häufig die Inhalte.
Du fühlst dich dabei ein bisschen, wie eine sprechende Puppe, die nur eine Hand voll Sätze gespeichert hat. Dies ist schlussendlich auch das, was dabei passiert. Die Worte werden zum Automatismus. Der problematische Nebeneffekt ist nur, dass du dadurch gar nicht mehr darüber nachdenkst, was du eigentlich vor dich hinbrabbelst. Zudem hast du den Eindruck, dass du diese Themengebiete gemeistert hast. Sollst du die Information jedoch langfristig wiedergeben, siehst du dann doch meist rot…
Lernende nutzen Massed Learning jedoch gern, weil sie dadurch scheinbar in kurzer Zeit sehr effizient alles gelernt haben und wiedergeben können. Bei einer Form des Distributed Practice wäre der Lernprozess viel zu langsam und du würdest dich schlussendlich schlecht fühlen, weil du zwischen den einzelnen Intervallen schon wieder so viel von dem Thema vergessen hast. Da kann man doch schon einmal seinen Kopf in den Sand stecken.
Doch der Schein trügt, denn diese Methode zahlt sich langfristig aus!
Forschende benennen nämlich einen klaren Vorteil: Du behältst das Wissen langfristig, wenn du über eine längere Zeit hinweg lernst und dir die Inhalte immer wieder neu in deinen Kopf rufen musst. Erinnere dich dazu doch gleich nochmal an meine Lauf-Metapher. Wow, so schnell hast du Distributed Practice angewandt!
Allerdings erfordert diese Strategie natürlich etwas Voraussicht und Planung. Deshalb möchte ich unterstreichen, wie wichtig es ist, dass du dir zur Prüfungsvorbereitung einen Lernplan machst. Dann funktioniert es gleich viel besser, Distributed Practice einzuplanen. Zudem es wirkt auch weniger so, als ob der Arbeits- und Zeitaufwand viel höher wäre. Am besten blockst du dir in jeder Woche einen Zeitraum, in der du nur die Wiederholung des Stoffes betreibst.
Praktische Anwendung: Mit Anki sein Wissen verankern
Im Großen und Ganzen ist Distributed Practice eine empirisch fundierte und effiziente Lernmethode, die relativ simpel umzusetzen ist, da du – bis auf die Vorausplanung – wenig umstellen musst.
Die digitale Open-Source-Anwendung „Anki“ setzt die Theorie ideal in die Praxis um, indem die selbst erstellten Karteikarten in psychologisch fundierten Intervallen angezeigt werden. Intelligenterweise ist der Algorithmus, welcher die Wiederholung der Karten steuert, auf Basis der bestmöglichen Speicherung im Langzeitgedächtnis entwickelt worden.
Die digitale Open-Source-Anwendung „Anki“ setzt die Theorie ideal in die Praxis um, indem die selbst erstellten Karteikarten in psychologisch fundierten Intervallen angezeigt werden.
Nicht nur für das Vokabellernen lassen sich Rückseite und Vorderseite der digitalen Karteikarten so gestalten, dass du ideal damit die Inhalte wiederholen kannst. Auch für die Biologieklausur kannst du dir den Namen des Prozesses aufschreiben und die andere Seite für die Erklärung bzw. die Beschreibung des Ablaufs nutzen.
Im Abfragemodus musst du selbst einschätzen, wie gut dir die Lerninhalte gelungen sind. Der Algorithmus merkt sich den Schwierigkeitsgrad der Karte und zeigt sie umso später wieder an, je leichter dir die Karte gefallen ist. So musst du dir praktischerweise gar nicht mehr merken, wann du das letzte Mal die Themen wiederholt hast, denn sie werden dir dann angezeigt, wenn du sie wieder durchgehen solltest!
Sinnvoll kannst du Distributed Practice auch mit Practice Testing verbinden. In gewissen Intervallen wiederholst du nicht nur die Informationen, sondern füllst Probeklausuren aus oder triffst sich mit deiner Lerngruppe zum gegenseitigen Abfragen. Du rufst dir somit wieder in den Kopf, was du vor kurzer Zeit gelernt hast, und behältst es letztlich auch langfristig dort.
Zum Schluss widmen wir uns noch kurz unserem Kompass. Bezüglich der zeitlichen Dimension ist Distributed Practice eindeutig bei der langfristigeren Vorbereitung einzuordnen. Wie bereits ausgeführt, baut sich der Lernfortschritt mittels dieser Methode über die Zeit auf, indem die Verankerung im Langzeitgedächtnis formiert wird. Für die Nacht-und-Nebel-Aktion kurz vor dem Tag aller Tage solltest du also lieber auf ein anderes Pferd setzen.
Hinsichtlich der Dimension der Inhaltsart ist Distributed Practice genau so breit einsetzbar wie Practice Testing – weshalb die Kombination aus beiden auch sehr empfehlenswert ist. Sowohl Vokabelwissen als auch tieferes Konzeptverständnis lassen sich über die Zeit nachhaltig aufbauen.
Lasst uns ein Fazit ziehen
Nach dieser geballten Ladung an Informationen, solltest du dringend eine Pause einlegen und diese Inhalte in ein paar Tagen wiederholen. Und schon wieder hättest du Distributed Practice angewandt! Diese fundierte Methode zum Trainieren des Langezeitgedächtnis haben wir in diesem Blogpost gemeinsam kennengelernt. Dank den Praxistipps bist du startklar, um dich selbst in dein Abenteuer mit verteiltem Lernen, Anki & Co. zu stürzen! Damit bleibt mir nur noch zu sagen: Viel Erfolg und bis zum nächsten Blogpost!
Über die Autorin
Ich bin Vivian und studiere Psychologie. Bei happy2learn habe ich als Praktikantin im Sommer und Herbst gearbeitet. Hierbei konnte ich mein eigenes Projekt – diesen Blog – starten und umsetzen. Während meiner Zeit bei happy2learn habe ich gemerkt, dass mir nicht nur die Recherche von Inhalten sondern auch deren Vermittlung durch interessante und verständliche Artikel liegt und viel Freude bereitet. Dabei ist meine große Motivation, das Wirrwarr der vielen Informationen zu Studium und Beruf bündig und übersichtlich darzustellen, um dich in deinem Alltag durch Tipps und Tricks aus der Wissenschaft zu unterstützen und happy zu machen.
Literaturverzeichnis:
John Dunlosky: Strengthening the Students Toolbox. Study Strategies to Boost Learning. American Educator, 2013. Online unter: https://www.aft.org/default/files/periodicals/dunlosky.pdf (Zugriff: 24.09.21)
Learn more, faster. Anki App is a cross-platform mobile and desktop flashcard app. Online unter: https://www.ankiapp.com/ (Zugriff: 28.09.21)
Für vollständige Literaturangaben kannst du uns hier kontaktieren.
Okay, ich will verteiltes Lernen ausprobieren doch jetzt rennt die Zeit doch so? Nicht alleine bleiben – wie wäre es mit etwas Mut und Dir für dein Lernsituation Beratung zu holen? Dann haben wir von happy2learn etwas für dich! Wir bieten dir psychologisch fundierte und studierendenalltagsbasierte 1-zu-1-Beratung für deinen Studienerfolg! Über dieses Formular kannst du uns kontaktieren und sofort beginnen!