OER: Konfliktkommunikation



Niemand mag Konflikte – Also lass uns versuchen Konflikte leichter zu lösen

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Mitwirkende: Deidree Tjokrosetio, Laura Winkens, Morris Ameyaw Yiadom und Sofie Schuller

Wenn die Dinge nicht so reibungslos laufen wie erwartet

Deine Verhandlung mit deinem Arbeitgeber ist vielleicht nicht so verlaufen wie erwartet. Man hat sich darauf geeinigt, dass du aufgrund der neuen Verantwortungen und Aufgaben eine Gehaltserhöhung erhalten sollst. Jedoch das Angebot, das dir unterbreitet wurde, ist in deinen Augen das absolute Minimum. Du bist weiterhin der Meinung, dass du noch nicht aufgeben solltest. Während der Verhandlung konnte keine Einigung gefunden werden, obwohl du dich nach Kräften bemüht hast dein Wissen über erfolgreiche Verhandlungen einzusetzen. Da keiner von euch dem anderen nachgeben will, scheint ein Konflikt am Arbeitsplatz entstanden zu sein.  Wie kannst du eine solche Konfliktsituation am besten angehen? Praktische Tipps dazu werden im folgenden Podcast mit Phillis Fajardo besprochen. Darüber hinaus kann es von Vorteil sein, zu wissen, welche Führungsstile es gibt. Dies kann helfen, herauszufinden, welchen Führungsstil dein:e Vorgesetzte:r hat, und wie du das Wissen über diese Eigenschaften nutzen kannst, den besten Ansatz für die Kommunikation in diesem Interessenkonflikt zu finden.

Vorgesetzte:r ist nicht gleich Vorgesetzte:r 

Es gibt zwar viele verschiedene Kategorisierungen von Führungsstilen, aber das Full Range of Leadership Model von Avolio und Bass ist eine der gängigsten Methoden zur Klassifizierung von drei verschiedenen Führungsstilen:

Transformationale Führung

Eine Führungskraft, die den transformationalen Stil anwendet, orientiert sich hauptsächlich an langfristigen Zielen und Werten. Eine transformationale Führungskraft möchte idealerweise das Unternehmen und die Mitarbeitenden „umgestalten“, indem sie sich auf Wachstum und Entwicklung konzentriert. Fortschritt ist hier der Schlüssel. Um dies zu erreichen, ermutigt diese Führungsperson ihre Mitarbeitenden, Probleme aus neuen Perspektiven anzugehen, bietet Ermutigung und Unterstützung, und vermittelt eine Vision für die Zukunft. Dieser Führungsstil geht oft einher mit einer hohen Arbeitsmoral der Mitarbeitenden, allerdings nur dann, wenn alle Beteiligten die Vision für das Unternehmen teilen. Manchmal führt dies zu hohem Druck auf die Mitarbeitenden, sich aktiv an den langfristigen Zielen eines Unternehmens beteiligen zu müssen, und erzeugt ein Gefühl der erhöhten Verantwortung. Da eine transformationale Führungsperson in hohem Maße von den Mitarbeitenden abhängig ist, schätzt sie deren Beiträge sehr und ist daher eher bereit, deren Argumente in einem Konflikt zu berücksichtigen. Andererseits erwartet sie viel von den Mitarbeitenden und es kann schwierig sein, den hohen Erwartungen gerecht zu werden.

Transaktionale Führung

Eine Führungskraft, die mit einem transaktionalen Stil arbeitet, strebt im Gegensatz zu einer transformationalen Führungskraft keine Veränderungen in Unternehmen an. Das Hauptziel dieses Führungsstils ist es, die Dinge stabil zu halten, mit minimalen Veränderungen. Eine transaktionale Führungskraft möchte dies erreichen, indem sie die Einhaltung von Vorschriften durch Belohnung und Bestrafung fördert. Auf der Grundlage von Belohnung werden die Mitarbeitenden in einem solchen Umfeld im Gegenzug für ihre Leistung geschätzt. Während Mitarbeitende, die mit einem transaktionalen Vorgesetzten zusammenarbeiten, in der Regel einen guten Überblick darüber haben, was von ihnen erwartet wird, fehlt es an Anregung von Kreativität und Motivation, und es wird weniger Wert auf den Aufbau von Beziehungen gelegt. Diese Führungskräfte setzen auf ihre eigene Autorität, daher hat die persönliche Beziehung zur Führungskraft eine sehr klare Dynamik. Dies erschwert persönliche Konflikte, wohingegen Konflikte materieller Natur einfacher zu lösen sind auf Grund der klaren Erwartungen.

Vermeidende Führung

Während transformationale und transaktionale Führungskräfte eng mit ihren Mitarbeitenden interagieren, scheint sich der vermeidende Führungsstil von seiner Führungsrolle zu lösen und erlaubt seinen Mitarbeitenden im Allgemeinen, zu tun, was sie für richtig halten. Sie sind der Meinung, dass den Mitarbeitenden nicht vorgeschrieben werden muss, wie sie ihre Arbeit zu tun haben, und neigen dazu, sich hauptsächlich auf ihre eigene Agenda zu konzentrieren. Dies gibt den Mitarbeitenden zwar viel Freiheit, aber es fehlt ihnen auch an Anleitung und Führung. Es ist nicht ungewöhnlich, dass ein Konflikt mit einer:m Vorgesetzten mit diesem Stil sehr kompliziert sein kann, da der Vorgesetzte weder Wünsche noch Erwartungen kommuniziert. Mitarbeitende könnten die ihnen gewährten Freiheiten als sehr nützlich empfinden, aber wenn es zu einem Konflikt kommt, gibt es wenig persönliche Beziehungen oder Interesse seitens des Vorgesetzten, auf die eine Konfliktlösung aufgebaut werden kann.

Konfliktbewältigung im Zusammenhang mit verschiedenen Führungsstilen

Nachdem nun klar ist, welche Führungsstile im Großen und Ganzen unterschieden werden können, können diese Informationen dir bei der Kommunikation mit deinem Vorgesetzten in Konfliktsituationen am Arbeitsplatz helfen. Je nachdem, welchen Stil dein:e Vorgesetzte:r anwendet, hat er:sie andere Ziele und Werte, und eure Beziehung hat eine andere Dynamik. Die Kenntnis dieser Werte und Ziele kann dir dabei helfen, deine Forderungen so zu formulieren, dass sie besser mit den Vorstellungen der Führungskraft übereinstimmen, wodurch sich die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass diese bereit ist, deine Vorschläge wahrzunehmen. Eine transformationale Führungskraft legt zum Beispiel großen Wert auf die Atmosphäre am Arbeitsplatz. Wenn du den Punkt, in dem ihr nicht einverstanden seid, aus dem Blickwinkel der Implikation eines Konfliktes für das Arbeitsklima formulierst und dies mit einem Vorschlag zur Verbesserung dieser Situation verbindest, wird dein:e Vorgesetzte:r deinem Vorschlag eher zustimmen, als wenn du diesen aus deiner Egoperspektive formulierst.

Abgesehen davon, dass du den Stil der Führungskraft kennst, und weißt, wie du Konfliktpunkte ansprechen solltest, gibt es viele praktische Tipps, die dir beim Umgang mit schwierigen Themen und der Konfliktkommunikation im Allgemeinen helfen können. Viele davon werden im Podcast besprochen, aber es könnte auch nützlich sein, einige davon von einem eher theoretischen Ansatz aus zu erklären. 

Ein allgemeiner praktischer Tipp ist die Verwendung von „Ich-Aussagen“ im Gegensatz zu „Du-Aussagen“. Das bedeutet, dass du deine Botschaft am besten von deinen Gefühlen und deinem Standpunkt aus vermittelst und nicht basierend auf den Handlungen des anderen. Anstatt zum Beispiel zu sagen: „Du zeigst mir nie Anerkennung für meine Arbeit“, ist es besser zu sagen: „Ich bin frustriert, wenn ich hart arbeite aber keine Anerkennung für meine Mühen bekomme“. Dies ist vor allem in der Konfliktkommunikation nützlich, da Ich-Aussagen eher entschärfen, während Du-Aussagen die Situation eher eskalieren lassen. Aber warum ist das so? Der Unterschied liegt darin, dass Ich-Aussagen sich mehr auf deine persönlichen Erfahrungen und Gefühle konzentrieren, die subjektiv sind. Du-Behauptungen hingegen suggerieren Schuldzuweisungen und sind meist so formuliert, dass sie objektiv erscheinen. Dies ermutigt die andere Person, jegliches Fehlverhalten zu leugnen, während die „Ich-Behauptungen“ eher zur Zusammenarbeit ermutigen. Beim Aufbau deiner „Ich-Aussagen“ kann es hilfreich sein, sich die Schritte aus dem Artikel über selbstbewusste Kommunikation anzuschauen. Sie müssen nicht alle Aspekte abdecken, aber es könnte Ihnen eine Idee geben, welche Informationen Sie einbeziehen können, um einen starken Standpunkt zu vertreten. 

Außerdem solltest du Probleme sofort und offen ansprechen, anstatt abzuwarten, wie sich die Situation entwickelt. Die Theorie dahinter ist, dass du, wenn du den Konflikt erst zu einem späteren Zeitpunkt ansprichst, sich Gefühle des Frusts und der Unzufriedenheit länger entwickeln. Die Spannungen können zunehmen, was es noch schwieriger machen kann, das Problem später zu lösen. Das sofortige Ansprechen hat auch den Vorteil, dass es eine transparentere Atmosphäre am Arbeitsplatz schafft. Du brauchst dir weniger Sorgen zu machen, dass Meinungsverschiedenheiten in anderen Arbeitsbereichen zu Reibungen führen könnten, ohne dass du oder andere davon etwas mitbekommen.

Von der Theorie zur Praxis

Niemand mag Konflikte, aber es ist unmöglich, sie immer zu vermeiden – und sie sollten auch nicht immer vermieden werden. Manchmal ist ein Konflikt notwendig, um ein besseres Verständnis für die Ansichten und Ziele des anderen zu erreichen. Der Schlüssel liegt jedoch darin, Konflikte respektvoll und produktiv anzugehen. Mit den Tipps und Informationen in diesem Artikel und dem Podcast bist du besser gerüstet, um Konfliktsituationen zu meistern. Vielleicht befindest du dich gerade nicht in einem Konflikt, aber du kannst dich schon vorbereiten, indem du dir Gedanken machst welcher Führungsstil auf deine:n Vorgesetzte:n zutrifft. Erkennst du einen bestimmten Führungsstil in dem Verhalten deines Vorgesetzten? Wie würdest du mit einem Konflikt umgehen, basierend auf deinen Beobachtungen?

Podcast zu Konfliktkommunikation mit Gastexpertin Phillis Fajardo (auf Englisch)

In diesem Podcast teilt Phillis Fajardo ihre Expertenmeinung zur Konfliktkommunikation am Arbeitsplatz. Dies ist eine Zusammenfassung der wichtigsten praktischen Tipps. Wir empfehlen dennoch, dir den Podcast anzuhören, um dir ein vollständiges Bild von den Erkenntnissen unserer Expertin zu machen.

Phillis‘ Kernbotschaft lautet: Konflikte sind unvermeidlich, wir haben Konflikte als Kinder und wir haben Konflikte als Erwachsene. Deshalb sollten wir lernen, Konflikte anzunehmen. Sie umreißt zwei Arten von Führungskräften, die sich zwar leicht von unserem Artikel unterscheiden, sich aber nicht gegenseitig ausschließen. Sogenannte „hands-on“-Führungskräfte sind stark in die Arbeit ihrer Mitarbeitenden involviert, können aber auch überheblich und mikro-managend sein. „Hands-off“-Führungskräfte sind distanzierter und gewähren ihren Mitarbeitenden Freiheit und Autonomie, können aber auch desinteressiert wirken. Keiner dieser Typen ist von Natur aus gut oder schlecht, es liegt an dir, einen guten Weg zu finden, um mit deiner Führungskraft zu kommunizieren. Schau dir an, welche Eigenschaften deine Führungskraft hat und wie diese sich mit deinen Bedürfnissen ergänzen oder auch im Konflikt stehen. Der derzeitige Wandel in der Arbeitswelt kommt dir hier zugute, denn die Meinung junger Fachkräfte wird immer stärker berücksichtigt und wertgeschätzt. Konflikte zwischen Mitarbeitenden lassen sich am einfachsten durch gegenseitigen Respekt lösen. Dabei ist es wichtig, dass du versuchst, so objektiv wie möglich zu bleiben. Konflikte sind emotional, aber starke Emotionen sind die größte Hürde bei der Lösung von Konflikten. Verständnis für den jeweils anderen ist von entscheidender Bedeutung, denn so sehr du willst, dass die andere Person deine Sichtweise versteht, musst du dich auch bemühen, deren Sichtweise zu verstehen. Als letzten Ausweg kannst du deine:n Vorgesetzte:n oder die Personalabteilung als Vermittelnde einschalten. Diese haben in der Regel eine gewisse Ausbildung und können dich unterstützen, aber zunächst solltest du versuchen, den Konflikt aus eigener Kraft zu lösen.

Hier findest du alle weiteren Artikel und Podcasts unserer Serie zu Kommunikation für dein Berufsglück:

Über die Mitwirkenden

Deidree, Laura, Morris und Sofie sind Master-Studierende der Maastricht University und Teil des PREMIUM Honours Programme. Zusammen mit happy2learn bringen sie dir diese Open Educational Resource.

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Quellen

  • Bass, B. M., & Avolio, B. J. (1990). Transformational leadership development: Manual for the multifactor leadership questionnaire. Consulting Psychologists Press.
  • Nanjundeswaraswamy, T. S., & Swamy, D. R (2014). Leadership Styles. Advances in Management, 7(2), p. 57-61.
  • Yahaya, N., Taib, M. A. B. M., Ismail, J., Shariff, Z., Yahaya, A., Boon, Y., & Hashim, S. (2011). Relationship between leadership personality types and source of power and leadership styles among managers. African Journal of Business Management, 5(22), 9635-9648.
  • Hart, B. (2000). Conflict in the workplace. Behavioral Consultants, PC.